Privatsphäre: Schutz vor Datensammlung in Autos gefordert
Berlin (DAV). Immer mehr Autos sind mit vielen Datensteuerungsgeräten und mit On-Board-Kameras, auch Dashcams genannt, ausgestattet, die unzählige Daten über den Fahrer, das Fahrzeug und ggfs. auch Dritte sammeln. Anlässlich des gestrigen Urteils des AG Ansbach, welches bestimmte Einsatzzwecke von Auto-Videokameras für unzulässig erklärt hat (Urteil v. 12.08.2014, Az. AN 4 K 13.01634), wiederholt der DAV seine Warnung, dass die gesetzlichen Regelungen mit der technischen Entwicklung mithalten müssen. Der gläserne Autofahrer ist zum Teil schon Realität.
„Es geht nicht nur um On-Board-Kameras und das Datenschutzrecht. Auch unser Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht muss mit der technischen Entwicklung mithalten“, erklärt Rechtsanwältin Dr. Daniela Mielchen, Mitglied des Verkehrsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins. „Es muss einheitlich geregelt werden, welche Daten wann, wo und wie lange gespeichert werden und an wen sie weitergeleitet werden dürfen.“
Die Sammlung von Daten in Fahrzeugen ist bereits heute Realität. Es gibt bis zu 80 verschiede Datensteuerungsgeräte in einem Fahrzeug. Die Daten können be- und entlasten und sind für viele interessant: Nicht nur für den Fahrer und den Halter, sondern auch für den Hersteller, Versicherungen und die Polizei. Auf einen Teil der Daten haben bisher alleine die Hersteller der Fahrzeuge Zugriff, die diese Daten vor allem dann verwenden, wenn es darum geht, Ansprüche der Fahrzeugbesitzer abzuwehren. Aber auch Strafverfolgungsbehörden haben gemäß § 34 des Bundesdatenschutzgesetzes Anspruch auf Auskunft. Hinzu kommt, dass die Polizei vermutlich bald technisch in der Lage sein wird, sämtliche Daten auszulesen.
„Es besteht die Gefahr, dass unser bisheriger Schutzmechanismus gegen unbefugte Eingriffe in die Privatsphäre, nämlich der sogenannte Richtervorbehalt, ausgehöhlt wird, fährt Rechtsanwältin Dr. Mielchen fort. Beispiel Beschlagnahme der Daten durch die Polizei: Die Beschlagnahme steht unter dem Richtervorbehalt, d.h. nur ein Richter muss sie anordnen. Ohne Richter geht es nur bei Gefahr im Verzug, wenn also die Zeit für eine Anfrage beim Richter nicht ausreicht. Da Datensammlungen immer veränderbar und löschbar sind, besteht auch immer Gefahr im Verzug. Der Richtervorbehalt läuft dadurch massenhaft ins Leere.
Anderes Zukunftsbeispiel zum (vorsorglichen) Führerscheinentzug: Werden die Verwaltungsbehörden aufgrund der Datensammlung in der Lage sein, ein Fahrerprofil zu entwerfen, um dann Führerscheinmaßnahmen zu ergreifen?
„Auch wenn sich manches noch im Bereich der Fiktion befindet, lässt sich dennoch schon Einiges als Minimalbasis für den Gesetzgeber empfehlen, erklärt Rechtsanwältin Dr. Mielchen weiter. Im Interesse des Fahrers bzw. des Halters müssten einheitliche Regelungen darüber geschaffen werden, welche Daten erhoben werden, wie lange diese gespeichert werden und an wen sie weitergeleitet werden dürfen. Der Fahrer muss eine freiwillige (also nicht an etwaige Verspechen gekoppelte) Einverständniserklärung über die Datenerhebung und -verwendung abgeben, die jederzeit widerruflich ist und die genau bestimmt, an wen und welche Daten weitergegeben werden. Auch muss der Betroffene die Möglichkeit haben, als Erster Einsicht in die Daten zu erhalten, bevor es zu einer Datenweitergabe kommt. Setzt das System einen automatischen Notruf über das eCall System ab, so sollte sichergestellt werden, dass nach dem Hilfeeinsatz eine sofortige Löschung der Daten erfolgt.
Die Frage, wem die Daten gehören und wie mit ihnen umgegangen werden darf, war auch Thema des Arbeitskreises VII auf dem 52. Deutschen Verkehrsgerichtstag 2014, vgl. Pressemitteilung VGT 07/14 der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im DAV. Viele erarbeitete Empfehlungen sind z.B. in dem Tagungsband des 52. Deutschen Verkehrsgerichtstags 2014 veröffentlicht.
Quelle: Verkehrsrechtsanwälte beim DAV