Unfall auf dem Standstreifen – liegengebliebenes Fahrzeug haftet
Nürnberg/Berlin (DAV). Bei Unfällen auf dem Standstreifen einer Autobahn haftet üblicherweise der Fahrer des liegengebliebenen Fahrzeugs. Dies folgt aus dem sogenannten Anscheinsbeweis. Begeht aber der andere Fahrer einen Fahrfehler, kann der Anscheinsbeweis so weit erschüttert sein, dass der Fahrzeughalter des liegengebliebenen Wagens nicht haften muss. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Nürnberg (Entscheidung vom 16. Juli 2014, AZ: 1 U 2572/13) ist dies jedenfalls dann der Fall, wenn der andere Fahrer 70 bis 95 Zentimeter über die Begrenzung zum Standstreifen gefahren ist. Dann haftet dieser allein, so die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Der Autofahrer hatte seinen Pkw komplett auf dem Standstreifen abgestellt. Er hatte aber keinen Warnblinker gesetzt und auch kein Warndreieck aufgestellt. Ein vorbeifahrender Lkw-Fahrer fuhr etwa 70 bis 95 Zentimeter über die Autobahnbegrenzung auf den Standstreifen, sodass es zum Unfall kam. Der Halter des Lkw wollte seinen Schaden in Höhe von rund 35.000 Euro vom Halter des Autos ersetzt bekommen.
Nachdem er bereits in der ersten Instanz gescheitert war, war er auch vor dem Oberlandesgericht erfolglos. Zwar würde der Beweis des ersten Anscheins zunächst eine Haftung des ungesichert abgestellten Fahrzeuges ergeben. Unstreitig sei jedoch, dass das Auto komplett auf dem Standstreifen gestanden habe und nicht auf die Fahrbahn hinausragte. Außerdem habe der Lkw-Fahrer einen Fahrfehler begangen, indem er über die Seitenbegrenzung gefahren sei. Dieser Fahrfehler wiege so schwer, dass die Haftung des Beklagten vollkommen zurücktrete und der Lkw-Fahrer alleine haften müsse. Er bleibt also auf seinem Schaden sitzen.
Quelle: DAV Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht